11•05•2023 ••

Der heilige Franziskus, Bärenspuren, mein 58. Geburtstag, Schlammfahrräder und ich.

Die meisten unserer Urlaubsideen entstehen ganz spontan. So auch die Idee, entlang des Franziskuswegs mit dem Fahrrad nach Rom zu reisen. 2021 waren wir mit einem Camper in der Toskana und saßen mittags ganz gemütlich in einer kleinen Osteria, als eine ganze Gruppe von Radreisenden ins Restaurant kam. Weil an diesem Tag das Wetter unheimlich schön war, die Temperaturen mild, die Landschaft romantisch und wir tatsächlich direkt vor dem Restaurant ein Hinweisschild für die Via di Francesco vorfanden, hatten wir Feuer gefangen.

Es hat dann doch noch fast zwei Jahre gedauert (ganz so spontan sind wir halt doch nicht mehr). Aber als wir Mitte April mit dem Zug, die Fahrräder im Gepäck, über den Brenner fahren, sieht es leider so gar nicht nach milden Temperaturen aus.


Italien begrüßt uns mit Schneeflocken. 


Nach zweimaligem Umsteigen kommen wir endlich nachts um 10 Uhr in Perugia an, den Startpunkt unserer Reise. Aus dem Schnee ist Regen geworden und die Radreise beginnt vielversprechend: Der Bahnhof liegt unten im Tal und unser Hotel zentrumsnah, was in Umbrien eigentlich nichts anderes bedeutet als: ganz oben auf dem Berg. So geht es schon mal anstrengend und im Regen los - spoiler: so wird unsere Reise auch enden -, aber dazwischen erleben wir unheimlich schöne Momente und werden für unsere Anstrengung belohnt.


Die meistgestellte Frage vor unserer Reise nehme ich hier gleich einmal vorweg: Nein, wir sind nicht mit E-Bikes unterwegs, sondern nur mit eigenem Antrieb (der manchmal durchaus schwächeln kann, aber dazu später). 


Wir radeln auf der zweiten Etappe des Franziskuswegs (der eigentliche Beginn des Pilgerwegs ist Florenz). Wir starten in Perugia mit dem Ziel Assisi, von dort geht es weiter nach Spoleto. Über Terni nach Poggio Mirteto und dann direkt weiter in die Ewige Stadt. Immer auf den Spuren des heiligen Franz von Assisi, der im Jahr 1209 diese Strecke nach Rom zurücklegte. Da wir außerhalb der Saison radeln, haben wir nur die ersten beiden Übernachtungen vorgebucht und natürlich unser Hotel in Rom klargemacht. Unsere Unterkünfte sind durchwegs okay, unsere zwei Übernachtungshighlights werde ich euch vorstellen.

Die Highlights unserer Fahrradreise auf dem Franziskusweg:

Tag 1:

Nicht immer sind die Wege perfekt, die wir entlang radeln. Aber immer wieder sind die Ausblicke wunderschön und die Landschaft einfach ein Traum. Gleich am ersten Tag sehen wir schon von weitem Assisi und da unsere erste Etappe zum Eingewöhnen nur knappe 25 km lang ist, radeln wir den Berg nach Assisi easy hoch. Die Basilika San Francesco und das angrenzende Nonnenkloster Convento dei Frati Minori Cappuccini bieten einen atemberaubenden Ausblick auf die Landschaft. Die Stille und Andacht in der Kapelle, in der Franz von Assisi begraben ist, empfinde ich als berührend, auch die Klosteranlage ist trotz der Vielzahl an Touristen ein wirklich beeindruckendes Bauwerk.

Tag 2:

In Assisi trinken wir am Abend einen fantastischen Weißwein. Wie es der Zufall will, radeln wir am nächsten Tag genau am Weingut Sportoletto vorbei, das natürlich wieder auf einer Anhöhe liegt, und bestellen uns gleich einmal eine Kiste Villa Fidelia für zu Hause. Es ist leider nur unmerklich wärmer als zu Hause, aber zumindest ist es trocken und an diesem Tag werden wir beim Mittagessen in Montefalco (übrigens wieder auf einem Berg) sogar die Sonne sehen.

Wir radeln durch wunderschöne umbrische Dörfer, trinken Cappuccino auf einer Piazza, das Leben ist schön, bis wir in Spoleto ankommen und feststellen, dass unser Hotel wieder fast am höchsten Punkt dieser wunderschönen alten Stadt liegt.

Der Campari Spritz, den wir uns nach der Ankunft am Domplatz gönnen, nockt uns völlig aus.


Tag 3:

Mein Geburtstag: Mein Mann weckt mich mit Baci und Kuchen. Auf den Berg, der uns gleich nach dem Start am Morgen in Spoleto erwartet, sind wir dank des Höhenprofils unseres Reiseradführers vorbereitet. Zehn Kilometer geht es jetzt erstmal nur bergauf. Als wir oben ankommen, radeln wir tatsächlich beinahe an der Schneegrenze. Der sensationelle Ausblick entschädigt uns für die Anstrengungen, das anschließende Bergabfahren können wir wegen der Kälte nicht wirklich genießen. Völlig ausgefroren erreichen wir das Tal und entdecken im Dörfchen Scheggino eine kleine, wunderschöne Osteria. Für den heutigen Tag haben wir alle Berge geschafft, das zeigt uns unser Höhenprofil. Von Scheggino geht es immer leicht bergab nach Terni. Nur leider ist unsere Unterkunft diesmal nicht im Zentrum (die Stadt ist laut Reiseführer nicht sehenswert), sondern ein Stück weiter im Süden und - wie sollte es anders sein - auf dem höchsten Punkt der Umgebung.


Die letzten 7 Kilometer schieben wir bei teils 15 % Steigung.


Der Blick aus unserem Hotelzimmer ist wieder einmal fantastisch, die Pizza beim Abendessen schaffe ich kaum mehr, so müde bin ich ...

Tag 4:

Am Abend haben wir beschlossen, dass wir eine Teilstrecke mit dem Zug fahren. Irgendwie haben wir keine Lust mehr auf Berge. ;) Mit Komoot (die Radler unter euch werden die App kennen) wollen wir von Terni nach Orte radeln. Von dort soll uns ein Zug nach Poggio Mirteto bringen. Komoot zeigt 40 Kilometer an. Und nur einen kleinen Berg kurz vor Orte, was soll da schon schief gehen?

Oben auf dem Berg angekommen lotst Komoot uns in einen Feldweg. Die letzten Tage hat es viel geregnet. Aus dem Feldweg wird ganz schnell ein Lehmweg, immerhin geht es bergab. Als mein Fahrrad zu rutschen beginnt, steige ich ab und entdecke ungewöhnlich große Tierspuren im Lehmboden (ich bin mir sicher, dass es Bärenspuren sind, mein Mann meint nein, hat aber auch keine Idee, welches Tier solche Spuren hinterlässt). Inzwischen blockieren die Räder an meinem Fahrrad, der Lehm hat sich in dicken Brocken um die Reifen gelegt und in der Gabel gefangen, ich komme nicht mehr vorwärts.


Wir beschließen umzudrehen – der Lehm, die Bären …


Bei einem beherzten Schritt durch eine Pfütze rutschen mein Rad und ich zur Seite weg ... wie ich danach aussehe, überlasse ich eurer Fantasie ...

Immerhin zeigt sich der Betreiber einer nahegelegenen Raststätte hilfsbereit und leiht uns seinen Gartenschlauch. Leider hat er aber keine gute Nachricht für uns: Wenn es nicht über den Berg nach Orte geht, dann gibt es nur einen Umweg und der ist 15 Kilometer länger. Um 8 Uhr abends erreichen wir kurz vor Anbruch der Dunkelheit unsere Unterkunft in Poggio Mirteto, die natürlich wieder ganz weiiiiiiiiiit oben liegt. Wir wollen nur noch schlafen, denn tatsächlich sind wir heute, statt abzukürzen, letztendlich die weiteste Strecke geradelt. 

Tag 5: 

Von Poggio Mirteto geht es jetzt wirklich nur noch über einen einzigen Berg ;) direkt nach Rom. 30 Kilometer vor dem Ziel retten wir uns vor einem Wolkenbruch in eine Trucker-Raststätte.


Man kennt uns offenbar. Ein Lastwagenfahrer spricht uns an, weil er uns zuvor den Berg hatte hochradeln sehen.


Die letzten 10 Kilometer unserer Tour geht es dann auf einem Radweg immer am Tiber entlang direkt in die Stadt - aus der Ferne ist einmal schon kurz der Petersdom zu sehen. Die Vorfreude wächst. Und weil zu einer richtigen Radtour eben auch ein nasser Tag gehört, kommen wir bei strömenden Regen am Petersplatz an.


Aber es gilt wohl: Wer sich anstrengt, wird belohnt. Denn Rom zeigt sich an den nächsten drei Tagen von der Sonnenseite. Wenn da nicht unser Muskelkater wäre …


Meine Tipps für eine Radreise entlang des Franziskuswegs:

Hinkommen mit dem Zug ...

Mit dem Zug und Rädern nach Italien zu reisen ist nicht einfach: Fahrradreservierungen in Deutschland sind nur in Zügen möglich, die in Deutschland starten. Ich habe unsere Reise im Reisezentrum der Deutschen Bahn gebucht. Die DB-Mitarbeiterin hat über zwei Stunden gebraucht, um herauszufinden, in welchen Zügen die Fahrradmitnahme erlaubt ist. Für inneritalienische Verbindungen konnte sie die Fahrradmitnahme allerdings nicht reservieren. Ich habe auf der Seite der italienischen Bahn www.trenitalia.it nicht gefunden, wie wir unsere Fahrradplätze hätten reservieren können. Also sind wir auf gut Glück losgefahren. Deswegen würde ich zukünftig eine Fahrradreise per Bahn immer im Reisebüro buchen und lieber die 10 % Buchungsgebühr bezahlen.

Am Ende haben wir rausgefunden, dass man In Italien in den ECs und ICs Fahrräder mitnehmen kann, allerdings MUSS der Fahrradplatz vorab reserviert sein, denn in jedem Zug gibt es nur sechs legale Plätze. In den Regionalzügen kann man, sofern es sich um Züge der neueren Generation handelt, Fahrräder mitnehmen, allerdings dürfen die Züge nicht so voll sein.

Unsere Hotels waren ...

... größtenteils sehr einfach: Wirklich empfehlen kann ich euch nur zwei Unterkünfte: Das Boutiquehotel Aurora liegt zwar fast am höchsten Punkt von Spoleto. Aber die Zimmer sind schön amit Parkettboden und neuen Bädern ausgestattet. Auch die Betten waren fantastisch. DZ in der Nebensaison zwischen 112 und 150 Euro.

In Poggio Mirteto haben wir in einem zauberhaften B&B gewohnt. Das Casale Druida. Als wir kurz vor Einbruch der Dunkelheit endlich völlig erschöpft angekommen sind, haben uns die beiden zauberhaften Gastgeber Raffaele und Rita angeboten, ein italienisches Menü für uns zu kochen. Wir wurden mit Vorspeise, Pasta und Hauptspeise in der Küche der beiden verwöhnt und gleichzeitig haben wir versucht, uns via Google-Übersetzer zu unterhalten. Die beiden Hosts haben einen ehemaligen Stall ausgebaut und in den großen Garten mit einer sensationellen Aussicht ein kleines Gartenhäuschen gestellt, das sie jetzt als Apartment vermieten.


Wäre es etwas wärmer gewesen, hätten wir sogar in den Pool direkt vor unserer Terrasse springen können.


 

Für Hotelempfehlungen in Rom schaut doch mal bei Beate aka Befifty vorbei: Beate hat mal in Rom gelebt und hat neben tollen Hoteltipps auch viele andere Empfehlungen in diesem Blogartikel aufgeschrieben.

Gegessen haben wir fast überall fantastisch

– wie könnte es in Italien anders sein:

Zwei Tipps:

Die Enoteca di Benozzo in Montefalco direkt am Hauptplatz haben wir in besonderer Erinnerung. Ich kann natürlich nicht sagen, ob es mein Hunger wegen des vorausgegangen Anstiegs war - aber die Parmigiana di Melanzane war fantastisch. Zudem sitzt man an einem wunderschönen alten Campo mit direktem Blick auf das Rathaus aus dem 13. Jahrhundert, ein wunderschöner Renaissance-Bau.


Und wenn ihr dann auch noch das Glück habt wie wir, dass die Sonne scheint, ist das Italienfeeling perfekt.


An meinem Geburtstag haben wir in Scheggino die oben erwähnte und vielfach ausgezeichnete Slowfood-Osteria entdeckt: Die Osteria Baciafemmine: Meine Pasta mit Trüffel war sensationell. Das Fleisch bezieht die Osteria aus ökologischem Landbau. Aber auch die Nachspeisen sahen wirklich gut aus.


Wir mussten leider weiter, denn wir hatten noch 40 Kilometer vor uns.


 

 

 

 

 

 

 

Kommentare

Heike
12•05•2023
Gratulation zu diesem tollen Erlebnis! Der Bericht liest sich, als ob ihr Euch immer die gute Laune bewahrt habt. Das ist super.
FTF, Sabine Fuchs
31•05•2023
Das haben wir, liebe Heike!

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