06•06•2020 ••

Ein Hoch auf die schlechte Laune.

Ich habe schlechte Laune

Gerade jetzt habe ich - und damit bin ich sicher nicht alleine - oft richtig schlechte Laune.  Und ausnahmsweise sind die Wechseljahre mal nicht schuld. Oder sagen wir so, sie sind nicht der alleinige Grund. Es ist ein Zusammenspiel von vielem, was gerade so in meinem und unserem Leben passiert. Wir erleben alle eine ganz neue Situation, der wir nicht wirklich gewachsen sind und in die wir uns nur ganz langsam einfühlen können. Ich für mich bemerke, dass ich viel öfter als sonst schlechte Laune habe und mich herunterziehen lasse. Und zwar kommt sie oft ganz ohne Vorwarnung daher und was noch schlimmer ist, sie kommt ohne wirklich ersichtlichen und konkreten Grund. Ganz plötzlich kippt meine Stimmung und ich bin wirklich richtig schlecht drauf. 

 

Dabei bin ich doch sonst eher der Sonnenschein, der immer gut drauf ist und allen ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Aber muss ich jetzt meine schlechte Laune unter den Teppich kehren und allen weiterhin mit aufgesetzter Heiterkeit begegnen? Die Gesellschaftsnorm würde das bejahen. Aber will ich das überhaupt? Und vor allem ist das gesund? Ist es nicht erlaubt, auch mal einfach motzig zu sein und alles in Grau und Schwarz zu malen? 

Ist schlechte Laune gesellschaftsfähig?

Verboten ist es sicher nicht, denn ich bin schon der Meinung, dass das Gemüt auch mal „Launen“ haben darf. Gerade jetzt. Natürlich sollte das kein Dauerzustand werden, aber ich denke, es ist auch immens wichtig, die Gefühle, die diese Situation erzeugt und die uns alle belastet, auch mal nach außen tragen zu dürfen und nicht zu unterdrücken.


Denn ständig Li-La-Lu ist vor allem eines: sehr anstrengend.


Ich denke, wir sollten die schlechte Laune ruhig zulassen und akzeptieren. Denn wenn wir negative Emotionen ausleben, dann wirkt sich das auf Dauer positiv auf die eigene Gesundheit aus. Hört man doch immer wieder, dass wir diese Negativgefühle nicht in uns hineinfressen sollen, weil sie sich anstauen und dann irgendwie und irgendwann herausmüssen. Und nicht selten passiert das auf Kosten der Gesundheit.

 

Aber was heißt schlechte Laune ausleben denn genau? Ich trage nach außen, dass ich mich gerade einfach mies fühle, ich verstelle mich nicht, bin damit ganz ehrlich und gebe zu, dass mein Leben kein Instagram-Account ist, mit immer bunten Bildern und einem lockeren Spruch auf den Lippen. Denn genau das wiederum spiegelt Authentizität und ringt vielleicht allen denjenigen großen Respekt ab, die das nicht tun.

Ich finde es außerdem mehr als anstrengend, meine schlechte Laune und die damit verbundenen Gefühle ständig zu verbergen. Denn genau das ist es, was wir tun, um andere nicht zu verärgern oder um ihnen sogar zu gefallen. Wir denken doch immer, dass wir nur gemocht werden, wenn wir gut gelaunt und heiter sind.

Aber so ist es nicht. Wir können nicht immer nur Hop-of-the-Top sein und grinsend durchs Leben tänzeln.


Jeder Mensch hat das Recht auf schlechte Laune. Man sollte das in die Verfassung aufnehmen. Georges Simenon


Schlechte Laune ist durchaus eine Inspiration.

Denn ...  jetzt kommt’s: Studien und Experimente haben sogar bewiesen, dass wir missmutig bei Denkaufgaben viel konzentrierter sind und auch viel weniger Fehler machen. Außerdem sind wir in dieser Stimmung in Gesprächen und Diskussionen weniger manipulierbar, weil wir die Meinung anderer viel skeptischer hinterfragen und das Gegenüber kritischer beäugen. 

Paradoxerweise ist es sogar so, dass wir schlecht gelaunt umsichtiger, fairer und sozial verträglicher sind, weil wir in dieser Stimmung weniger mit uns selbst beschäftigt sind und uns mehr Sorgen um andere machen. Die schlechte Laune sorgt außerdem für eine schnellere Anpassung an neue Situationen und neue Umweltbedingungen. 

Na also, alles gar nicht so schlecht. Weil an neue Bedingungen müssen wir uns ja in der Tat gerade gewöhnen. Und das fast täglich.

Was ich für mich immer wieder feststelle, dass mich nämlich genau diese Übellaunigkeit überhaupt erst zum Nachdenken und Grübeln bringt und ich oft aus diesen Grübeleien meine Kreativität und neue Gedanken schöpfe. Nicht immer natürlich, aber doch sehr oft.

Und damit bin ich ja wahrlich nicht alleine. Es gibt eine ganz Reihe an missmutigen, überlaunigen und pessimistischen Künstlern, Denkern, Schriftstellern, Philosophen und Musikern. Picasso wurde von seiner Muse Françoise Gilot zum Beispiel als „extrem launisch“ beschrieben. Ludwig van Beethoven soll mit täglichen Tobsuchtsanfällen seine Umwelt tyrannisiert haben und war als dauerschlechtgelaunt bekannt und auch Jane Austen wusste eine gefasste Abneigung in Antrieb und Anregung des Geistes umzusetzen.

Klar ist also, dass wir um viele wichtige kulturelle Werke ärmer wären, wenn alle immer im Dauer-Happy-Modus wären. Und man stelle sich mal all die Filme und Theaterstücke vor, in denen dann immer nur gutgelaunte Protagonisten auftreten. Ich glaube, wir würden alle vor Langeweile sterben, wenn es da keine miesepetrigen, ungenießbaren und exzentrischen Grantler gäbe. 

Und was wäre überhaupt aus Grumpy Cat geworden? Die gäbe es gar nicht.


Nichts auf der Welt ist so wunderbar ansteckend wie schlechte Laune! Charles Dickens


Letztlich ist es ja auch so, dass wir gerade erst durch missmutige Gedanken bereit sind, etwas in unserem Leben zu ändern. Denn wir brauchen genau diese, um einen Ist-Zustand wahrzunehmen und ihn dann vor allem aufzulösen. Denn ohne diese Gedanken wüssten wir nicht, wie es anders oder auch besser laufen könnte. Es gäbe keinen Grund etwas zu verändern. Ohne Unmut gäbe es keinen Aufruhr und somit auch keine Veränderung. 

Denn schon Aristoteles wusste: „Wer niemals wütend ist, wird sich auch nicht wehren.“

Wie sagt der Franzose: Vive la revolution!

Fazit: Brechen wir doch einfach mal eine Lanze für die schlechte Laune. Pfeifen wir auf das, was andere von uns erwarten und sind einfach mal megaschlecht drauf. Mit allem, was dazugehört. Lasst uns motzen, grummeln, mosern, keifen, quengeln, meckern, zicken, kotzen, maulen, nölen, raunzen, mäkeln, nörgeln, giften, wüten, empören, aufregen, jammern, stänkern und erbosen, was das Zeug hält. Alleine diese Wortvielfalt lässt mich doch schon wieder lächeln :) 

Denn eines ist klar: das Gute an schlechter Laune ist, dass sie auch wieder vorübergeht.

 

Kommentare

Bettina Strack
05•06•2020
Hallo, der Artikel ist prima und ich glaube jeder hat mal schlechte Laune, nur es ist nicht gerne gesehen, es ist nicht GesellschaftsLike! Man darf nicht schlecht drauf sein, meckern, jammern etc. . Und wenn man so wie ich NUR "Hausfrau" und das noch mit erwachsenen Kindern ist, darf man so und so nicht meckern und jammern, weil mein Leben ist ja privilegiert und allen anderen geht es ja viel schlechter als mir. Aber was ich alles schon durchgemacht habe ( andere zum Glück nicht) und wie mein Alltag so aussieht, danach fragt und interessiert sich auch keiner. Ich habe also gar kein Recht schlecht gelaunt zu sein. Meine Launen, wo ich oft selbst nicht weiß, wo sie her kommen, lebe ich zuhause aus, manchmal hilft mir mein Mann oder ich muss alleine durch. Liebe gelaunte Grüße Bettina
FTF, Uli Heppel
05•06•2020
Liebe Bettina, wiiiiieso darf man denn als NUR "Hausfrau" nicht schlecht drauf sein? Ich finde es gibt immer genug Gründe, dass man einfach mal nur mal so schlecht drauf ist. Das ist völlig unabhängig von den Aufgaben, die man so zu bewältigen hat. Das hat ja meist etwas mit einem selber zu tun. Mich interessiert es zum Beispiel sehr, was du schon durchgemacht hast und mich oder uns würde auch dein Alltag interessieren. Denn ich denke, der ist sicher sehr ausgefüllt. Also sei bitte schlecht drauf und übellaunig, wann immer dir danach ist! Das ist das Recht von allen. Liebe Grüße ♡Uli
Barbara
05•06•2020
Ich bin tatsächlich sehr selten schlecht drauf, aber wenn es der Fall ist, dann kann ich durchaus laut werden. Ein leises vor-mich-hingranteln kenne ich nicht. Ich bin eher der Vulkan, der laut und wild explodiert dann aber schnell wieder friedlich ist.
FTF, Uli Heppel
05•06•2020
Liebe Barbara, ach das mit dem Vulkan finde ich einen schönen Vergleich. In der Regel bin ich auch selten schlecht aufgelegt. Aber nachdem ich recherchiert habe, was schlechte Laune so an positiven Dingen mit sich bringt... da kann man ruhig seine schlechte Laune mal mehr pflegen. Oder wie siehst du das? Liebe Grüße ♡Uli
Barbara
06•06•2020
Ich bin freilich tolerant jeder und jedem gegenüber, die oder der schlecht gelaunt ist, mir entspricht das neutral oder im besten Fall gut drauf sein mehr. Ich habe mehr davon positiv zu sein;-) (Mein Umfeld übrigens auch:D)
FTF, Uli Heppel
06•06•2020
Liebe Barbara, in der Regel geht es mit genauso wie dir. Hab einen schönen Abend. LG Uli
Gordana Harer
05•06•2020
Also ich lasse mir jetzt meine gute Laune nicht vermiesen, aber sollte sich da was ändern , melde ich mich gerne wieder:-):-):-):-) Liebe Grüße, nach dem Regen kommt der Sonnenschen⛈⛈⛈⛅️:-):-):-)☀️☀️☀️☀️☀️☀️☀️ Gordana (und natürlich ich habe auch manchmal meine schwarze Wolke:-)da bestehe ich darauf)
FTF, Uli Heppel
05•06•2020
Liebe Gordana, das beruhigt mich aber sehr, dass du auch mal auf einer schwarzen Wolke reitest ;-) Und du darfst dich natürlich gerne jeder Zeit wieder melden - auch mit guter Laune. Hab es fein. ♡Uli
Maike
06•06•2020
Du Liebe, du sprichst mir aus dem Herzen, ich habe zur Zeit des öfteren mal so richtig schlechte Laune. Normalerweise bin ich ein sehr positiver Mensch, aber die derzeitige Situation schafft es irgendwie mich manchmal so richtig runter zu ziehen....meine Tochter macht gerade Abi und hat ebenfalls so richtig schlechte Laune...da kracht es dann manchmal ganz heftig!!! Und gerade ist sie für ein paar Tage zu ihrem Freund gezogen. Tja das macht diese zeitcazs uns, aber sie geht auch irgendwann vorbei oder wir haben uns angepasst!!!! liebe Grüße!!!
FTF, Uli Heppel
06•06•2020
Hallo liebe Maike, manchmal ist es tatsächlich besser, sich mal aus dem Weg zu gehen. Zumindest temporär ;-) deshalb ist es sicher gut, wenn ihr beiden euch ein bisschen auf euch selbst konzentriert. Das mache ich mit meinem Sohn auch so. Und ich bin sicher, dass es irgendwann auch wieder anders ist. Ganz liebe Grüße an dich. ♡Uli
Daniele Maier-Fleig
06•06•2020
Herrlich ehrlich ❤️ Und..... schlechte Laune ist #nicht gesellschaftsfähig, ich bin vom Prinzip her ein sehr positiver Mensch ☀️ leider werde oder lasse ich mich oft negativ beeinflussen :-) und meine Stimmung kippt ..... ich bedauere dies selbst am meisten, ich arbeite an mir, täglich :-) auch ich habe ein recht, schlecht drauf zu sein, aber oder grad bei mir bei der Arbeit wird gute Laune vorausgesetzt, rosa rot soll alles sein, mein Chef will das so und 90% machen mit ..... ich nicht mehr, daher werd ich oft schief angesehen und bestimmt auch mit Neid beäugt, da muss ich sagen, dass mir dies am Älterwerden gefällt :-)
FTF, Uli Heppel
06•06•2020
Liebe Daniele, das ist doch das wundervolle am Älterwerden. Da muss man sich um nichts mehr scheren. Zumindest nicht mehr so wie früher. Das genieße ich schon auch. Und wenn du es schaffst, die gegen die Gesellschaftsnorm durchzusetzen, trotz schief angeschaut werden, dann finde ich das ganz großartig. ♡Uli
Katarina Schickling
06•06•2020
Du schreibst mir aus der Seele! Mir sind "happy go lucky"-Personen höchst suspekt. Unauthentisch! Zu einem schönen reichen Leben gehören auch dunkle Momente. Und natürlich die Fähigkeiten, die Sonnenstrahlen umso mehr wertzuschätzen. Liebe Grüße und ein schönes Wochenende, Katarina
FTF, Uli Heppel
06•06•2020
Liebe Katarina, ich glaube die happy-people kennen wir alle. Wobei ich denen das nicht wirklich abnehme. Die haben wahrscheinlich noch dunklere Seiten, von denen wir gar nix wissen möchten. Deshalb bleiben wir authentisch und somit auch hin und wieder schlecht drauf. In diesem Sinne, happy weekend ♡Uli

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