15•07•2021 ••

Komm ein bisschen mit nach Italien ...

Urlaub heute 

Ein schneller Klick und schon haben wir heute mal ganz schnell unsere Urlaubsreise gebucht. Wir müssen dazu nicht mal mehr das Haus verlassen. Urlaubsbilder werden praktisch in Echtzeit sofort an die Familie und Freunde zu Hause übermittelt, und anstatt umständlicher Straßenkarten sagt uns die nette Dame im Navi, wo’s langgeht und auch, wann genau wir – natürlich mit Einberechnung der Staus – vor Ort sind.


Aber könnt ihr euch noch an eure ersten Urlaube erinnern? Die mit den Eltern oder dann auch die ohne die Eltern?

Ich denke heute oft ein bisschen wehmütig an diese Art von Ferien zurück. Oder sagen wir, ich denke an meine unglaublich große Vorfreude auf das Reisen damals. Meist fingen wir mit der Urlaubsplanung schon Wochen vorher an. Da hing dann die gesamte Familie über einer 2 x 3 Meter großen Straßenkarte Italiens. Die hatten wir, als ADAC-Mitglieder, mit praktischen Anreise-Tipps natürlich Wochen vorher zugeschickt bekommen. Schon im Vorfeld war die entfaltbare Straßenkarte eine Herausforderung, aber während der Fahrt entpuppte sich der Faltmechanismus meist als Dauerbrenner für heilloses Chaos und Geschrei im Auto.

Wir wälzten Reiseführer und sammelten in kleinen Heften alle möglichen Tipps von Bekannten, wo wir denn die billigsten Tankstellen finden würden, die preisgünstigsten Rastplätze, die besten Restaurants und natürlich die schönsten Strände. 


Reisen ist wie sich zu verlieben, das Leben wird neu ...


Endlich war er dann da, der heißersehnte Tag der Abfahrt - und als Kinder konnten wir vor lauter Vorfreude am Abend davor gar nicht einschlafen. Als uns dann unsere Eltern ganz früh morgens weckten, waren wir sofort hellwach. Los ging‘s und es wurden schon nach kürzester Zeit die vorbereiteten Stullen ausgepackt. Dem fahrenden Papa wurde in regelmäßigen Abständen im Wechsel der Kaffeebecher und ein Butterbrot gereicht und der Mund mit einem Küchenhandtusch abgewischt. Wir Kinder vertrieben uns die Zeit mit „Ich-sehe-was-was-du-nicht-siehst“ oder mit dem Erraten von Autokennzeichen oder eben mit DER nervenden Frage, wann wir denn jetzt endlich da wären.

Kurz vor dem Brenner standen wir immer in dem dreistündigen obligatorischen Stau. Aber das hat uns nicht wirklich gestört, denn auch der gehörte zum Urlaub dazu. Und dann waren wir endlich in Italien. Denn mit Überqueren der Grenze, damals gab es noch Grenzübergänge, änderte sich schlagartig das Landschaftsbild, das Wetter, die Menschen und vor allem unsere Laune. Und ab da hielten wir Ausschau nach dem ersten heißen Blick auf das blaue Meer. Auch wenn es noch schweißtreibende Stunden dauerte, bis wir wirklich am Meer waren. Am Straßenrand tauchten doch schon die ersten Obststände mit Pfirsichen und Melonen auf und mein Vater regte sich im Fünf-Minuten-Takt über die rücksichtslose Fahrweise der Italiener auf. Aber das gehörte alles zum Urlaub.

Waren wir dann endlich vor Ort, warfen wir alle Kleidung und Schuhe für die nächsten Wochen von uns und rannten ins Meer. Und genau ab diesem Moment hatten wir die Zuhause-Welt erstmal vergessen. Denn im Gegensatz zu heute erreichten uns Nachrichten von Zuhause mehr oder weniger zufällig nur dann, wenn irgendwo eine veraltete deutsche Tageszeitung herumlag. Aber wir haben es nicht vermisst - und auch unsere Freunde und Bekannten zu Hause erhielten von uns nur ein Lebenszeichen in Form einer Postkarte mit den allerwichtigsten Informationen, nämlich:


„Wetter und Strand schön, das Essen gut. Herzliche Grüße aus Italien.“


Meist kamen diese bahnbrechenden Neuigkeiten sowieso erst längst nach unserer eigenen Rückkehr an.

 

Wir waren angekommen, am Platz an der Sonne. In ein Restaurant gingen mir nur ein- oder höchstens zweimal in der Woche, und es war dann ein ganz besonderes Erlebnis, eine echte italienische Pizza zu bestellen. Die Hälfte meines Koffers war mit Urlaubslektüre und wundervollen Büchern belegt, die ich schon Monate vorher sehr sorgfältig ausgewählt hatte. Und dann konnte ich Stunden mit einem spannenden Buch in der Sonne brutzeln. 

 

Und dann gab es natürlich dieses unglaublich spannende Thema der Urlaubsfotos. Schon im Vorfeld überlegten und diskutierten wir tagelang, ob denn wohl ein 36er- Rollfilm ausreichen würde oder ob man doch lieber zwei 24er-Filme mitnehmen solle. Und wie spannend war das denn, ob die Fotos auch wirklich was geworden waren? Waren wir alle gut im Bild, war der Finger vor der Linse, oder hatten wir die Sandburg nicht schon gestern fotografiert? Auf eine Filmrolle passten eben nur 36 Bilder, die Filmrolle musste beim Wechseln gut geschützt in einer Dose aufbewahrt werden und nicht selten passierte das Malheur, dass der Film noch nicht richtig zurückgespult war und die Bilder dann eben schwarz waren. Zumindest ein Teil davon. Aber all das wussten wir erst sehr viel später, nämlich dann, wenn die Bilder aus der Film-Entwicklung kamen - und das konnte locker auch mal zwei bis drei Wochen nach dem Urlaub sein.

Aber erstmal waren wir jetzt da, drei Wochen lang auf dem Campingplatz. Drei Wochen bestand das Leben nur aus Schwimmen, Essen, Lesen, Sonnen, Essen und Schwimmen. Am liebsten wären wir gar nicht mehr nach Hause gefahren und ich weiß, dass ich immer noch einmal kurz vor der Abfahrt ins Meer gesprungen bin und mich danach nicht mehr geduscht habe. Natürlich hat meine Haut die gesamte Heimfahrt gejuckt, aber da dachte ich immer noch, ich werde das Salz auf meiner Haut so lange pflegen, bis ich wieder ans Meer fahre. Hat natürlich nicht geklappt, aber ich liebte den Gedanken - und ich liebe ihn heute noch.


Seit ich den Text hier geschrieben habe, geht mir dieses Lied nicht mehr aus dem Kopf:

(Zur musikalischen Untermalung klickt mal hier auf Catarina)

Komm ein bisschen mit nach Italien
Komm ein bisschen mit ans blaue Meer
Und wir tun als ob das Leben eine schöne Reise wär
Komm ein bisschen mit nach Italien
Komm ein bisschen mit, weil sich das lohnt
Denn am Tag scheint dort die Sonne und am Abend scheint der Mond

Aber dann, aber dann
Zeigt ein richtiger Italiener, was er kann
Aber dann, aber dann
Fängt beim Sternenschein die Serenade an

Eine Nacht, eine Nacht in San Remo
Ist für uns so wunderschön
Diese Nacht, diese Nacht in San Remo
Müsste nie zu Ende gehn?

Komm ein bisschen mit nach Italien
Komm ein bisschen mit ans blaue Meer
Und wir tun als ob das Leben eine schöne Reise …


Heute buchen wir unseren Urlaub online - gemütlich von der Couch. Das Fliegen hat uns mehr oder weniger die ganze Welt zu Füßen gelegt. Die Informationen, die wir über die Orte brauchen, holen wir uns aus dem Netz, von Reiseblogs oder sozialen Medien. Hier gibt es in Echtzeit die Tipps für die besten Restaurants und die schönsten einsamen Strände. Wir müssen nicht mehr mühsam den Einheimischen mit Händen und Füßen die Geheim-Tipps entlocken. Und Essen gehen wir jeden Tag, man ist ja schließlich im Urlaub!

Heute werden stündlich WhatsApps mit Fotos von allen Mahlzeiten, Ständen, Outfits und sonstigen unglaublich wichtigen Nachrichten an sämtliche Freunde und Bekannte nach Hause gesendet. Wir stehen im ständigen Kontakt mit der Heimat. So, als ob wir gar nicht weg wären.

Wenn uns heute unsere Bilder nicht gefallen, werden sie mal ganz flott gelöscht und so lange wiederholt, bis sie eben perfekt sind - für Social Media. Und so lassen wir unsere „Community“ mal ganz flott direkt an unserem Urlaub teilnehmen. Leider geht uns dadurch ein wirklich wunderbares Ereignis familiärer Sozialisation verloren: ein gepflegter Dia-Abend.

Heute fahren wir nicht mehr drei Wochen an denselben Campingplatz. Das entspricht nicht mehr der coolen „Art“ zu Reisen. Heute machen wir mal einen kurzen Wochenendtrip in eine der großen Metropolen dieser Welt oder wir fliegen für sechs Tage zur Ayurvedakur nach Sri Lanka. Im kleinen Reisegepäck haben wir einen noch kleineren eReader und können aus tausenden von Buchtiteln die richtige Lektüre wählen.


Ich fahre also an diesem Wochenende nach Italien und ich freue mich richtig darauf. Schon alleine deshalb, weil es Italien ist und noch mehr, weil ich zu Freunden fahre, die ich jetzt auch schon längere Zeit nicht sehen konnte. Im Gepäck habe ich drei echte Bücher aus Papier. Und ich fahre ganz bewusst über den Brenner, obwohl die Strecke über die Schweiz viel kürzer wäre und vielleicht auch keinen Stau hätte, aber der Brenner ist für mich nun mal das Tor zur schönsten Zeit des Jahres – damals wie heute: der Urlaubszeit!

Geht es euch ähnlich, wenn ihr an die Urlaube von früher denkt? Ich würde mich sehr über eure Empfindungen in einem Kommentar dazu freuen ;-)


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Kommentare

MaHa
15•07•2021
So schön geschrieben… genau so war es :-) und ich fühle mich mal schnell 45 Jahre zurück in der Zeit. Schön war’s :-)
FTF, Uli Heppel
16•07•2021
Das freut mich aber sehr, dass ich dich mit auf eine Zeitreise nehmen konnte...♡ Uli
Manuela
16•07•2021
Genau so haben wir unsere Urlaube in Albenga auf dem Campingplatz Piccolo Paradiso auch verbracht! Allein schon die Anreise im Auto mit 4 Kindern war eine Herausforderung & ist heute so undenkbar. Kofferraum überfüllt, Dachträger mit Zelt & Campingstühlen.... Was für eine schöne Zeit! Freundschaften sind entstanden & haben teils bis heute bestand! Tolle Zeit an die ich sehr gerne zurück denke! Ein großes Dankeschön an meine Eltern, die uns das viele Jahre so ermöglicht haben!
FTF, Uli Heppel
16•07•2021
Liebe Manuela, da bin ich meinen Eltern auch so dankbar, dass sie uns das ermöglich haben. Eine unwiederbringlich schöne Zeit. Albenga, wie cooooool. ♡ Uli
Ulli
16•07•2021
jaaaaa.....mit dem Motorrad bis nach Apulien und nur zwei Motorradkoffer für 2 Wochen campen....ein Traum war das ...:-)))))))
FTF, Uli Heppel
16•07•2021
Liebe Uli, das wäre heute doch fast undenkbar, oder? Toll, dass wir das erleben durften.... ♡ Uli
Gina
16•07•2021
Ganz genauso war es. Herrlich! Schon nach 25 km wollten mein Bruder und ich wissen wie lange es noch dauert "bis wir endlich da sind".... Am Campingplatz etliche Stürme erlebt und eine schöne und unbeschwerte Zeit nur im Badegewand verbracht. Wie bei euch war "Essen gehen" nicht an der Tagesordnung. Stand meine Mama fast den ganzen Urlaub in der Campingküche und hat für uns wie zu Hause gekocht. Den Abwasch mussten Papa, mein Bruder und ich erledigen- in den Waschhäusern wo wir uns auch geduscht haben. Und immer beim heimfahren noch einmal "Tschüss Meer" gerufen. Das machen wir auch heute noch!
FTF, Uli Heppel
16•07•2021
Liebe Gina, genauso war es. Abwasch im Waschhaus, ich erinnere mich ;-) Und die Mamas mussten das gleich machen, wie zu Hause nur unter erschwerten Bedingungen. Würden wir so heute nicht mehr akzeptieren, oder? ;-) ♡ Uli
Marion
21•07•2021
Genau so war es. Morgens um drei Uhr ins Auto, allein bis München waren es schon 350 Kilometer. Im Stau am Brenner, alle Fenster runtergekurbelt ( ja damals war das noch nicht per Knopfdruck möglich), sobald es weiterging Fenster wieder hoch, damit der Papa keinen Zug in den Nacken bekam. Essen gehen war ein Highlight und als die Mama mir echte italienische Sandalen kaufte, war ich das glücklichste Mädchen in Jesolo 1974! Danke für diesen schönen Bericht und …. Danke auch für den Ohrwurm!
FTF, Uli Heppel
26•07•2021
Liebe Marion, irgendwie hatten wir alle anscheinend ähnliche Erlebnisse. Ich kann mich auch noch an ein paar wundervolle italienische Sandalen erinnern. Heute noch! Danke für deine Erinnerungen. ♡ Uli

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